Hutewald
Einleitung
Ein Projekt der BSG in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Forstamt Hann. Münden, dem Naturpark Münden und dem Rinderzüchter Werner Schnitter.
Das Projekt entstand 2006 auf einer Fläche von 3,6 ha im Bramwald.
Wissenschaftliche Begleitung durch 2 Diplomarbeiten, sowie die jährliche Aufnahme der Bodenvegetation auf Probeflächen und eine Fotodokumentation durch die BSG.
Besuchen Sie den Hutewald mitten im Naturpark Münden. Hier finden Sie ihn.
Historie
Seit Jahrhunderten wird der Wald in Deutschland von der Bevölkerung intensiv genutzt. Jedoch wurden Bäume von unseren Vorfahren zur Holzgewinnung damals in viel kürzeren Abständen gefällt. So genannte Nieder- und Mittelwälder prägten das Erscheinungsbild der bewirtschafteten Wälder.
Das Holz wurde zum Heizen und Bauen, für den Bergbau, die Kohleherstellung und die Produktion in Glashütten verwendet. Waldfrüchte, Beeren und Pilze gehörten zum festen Speiseplan der Menschen. Gräser, Büsche, Blätter, Baumrinde und -saat wurden von Weidetiere gefressen, die von Hirten in den Wald getrieben wurden.
Durch die Waldbeweidung und die damit verbundene Auslese besonders ertragreicher Bäume mit für das Vieh essbaren Früchten der Eichen und Buchen entstanden bis ins 19. Jahrhundert lichte Wälder mit wenig Unterwuchs und großkronigen, alten Bäumen.
Durch die schrittweise erfolgende Ablösung der Waldweide durch die Stallhaltung sind die meisten Hutewälder in den letzten Jahrhunderten in Hochwälder umgewandelt worden.
Projektfläche
Ein 3,6 ha großer strukturell noch sehr gut erhaltener Hutewaldrest mit ca. 260-jährigen, großkronigen und sehr licht stehenden Eichen liegt auf dem Plateau des Bramwaldes nördlich der Landstraße zwischen Ellershausen und Hemeln an der „Langen Bahn“, einem gut frequentierten Wanderweg. Der heutige Eichenbestand wurde nachweislich bis vor ca. 100 Jahren als Hutewald beweidet und genutzt. Nach Aufgabe der Beweidung blieb er vollständig ungenutzt und es fanden keine forstwirtschaftlichen Maßnahmen statt. Seither änderte sich durch Sukzession zunehmend das Erscheinungsbild, insbesondere das der Bodenvegetation. Die flächendeckend vorhanden gewesenen Zwergstrauchheiden und feuchten Borstgrasrasen wurden durch die einsetzende Gehölzsukzession weitgehend verdrängt. Daran änderten auch die in den letzten Jahrzehnten wiederholt vom Forstamt durchgeführten Pflegemaßnahmen wenig, bei denen regelmäßig aufgekommener Gehölzaufwuchs entfernt wurde. Heute sind Borstgrasrasen nur noch rudimentär vorhanden und die auf Teilflächen noch vorhandenen Zwergstrauchheiden aus Heidelbeere, Preiselbeere und Besenheide sind überaltert und wenig vital.
Um das 3,5 Hektar große Waldstück als Anschauungsobjekt für Waldgeschichte zu erhalten, haben sich im Jahre 2006 das Niedersächsische Forstamt Hann. Münden, die Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen, der Naturpark Münden und der Hemelner Rinderzüchter Werner Schnitter zusammengetan. Mit Fördermitteln von Bingo-Lotto richteten sie das Areal für eine Viehbeweidung her.
Konzept
Jeweils während der Vegetationszeit wird für 4 – 6 Wochen mit 3 – 4 Extensivrindern (Schottische Hochlandrinder) des landwirtschaftlichen Betriebes von Herrn Werner Schnitter (Alte Mühle 1, 34346 Hann. Münden) eine Beweidung durchgeführt.
Dazu wurde die Gesamtfläche von 3,6 ha in 4 etwa gleich große Teilflächen eingeteilt, von denen 3 jeweils nacheinander abgeweidet werden. Die vierte Teilfläche bleibt als Vergleichsfläche unbeweidet. Die Unterteilung erfolgt, um einen intensiveren Verbiss in den Teilflächen zu fördern (weniger Selektionsverbiss), die Sichtbarkeit der Tiere für Wanderer zu ermöglichen und die Bedeutung der Tiere besser darstellen zu können.
Die Beweidungsdauer richtet sich nach dem jeweiligen Futterangebot der Weidefläche. Eine Zufütterung wird ausgeschlossen, um eine Eutrophierung zu vermeiden. Bei dem geringen Futterwert des Aufwuchses auf dem bodensauren Waldstandort haben auch die genügsamen Schottischen Hochlandrinder eine Teilfläche in ca. 1 – 2 Wochen abgeweidet und müssen dann umgetrieben werden.
Ziele
- Erhalt und Wiederherstellung des Hutewaldes mit seiner typischen Biozönose. Durch die Wiederaufnahme der Beweidung soll die durch Verbrachung und Verbuschung bereits teilweise verdrängte und zunehmend gefährdete typische Bodenvegetation aus Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen erhalten, gefördert und ausgeweitet werden. Die vorhandenen Ausprägungen sind nach §28a Niedersächsisches Naturschutzgesetz geschützt und durch das Vorkommen der Preiselbeere für das niedersächsische Bergland eine Besonderheit. Der Erfolg des Projekts soll durch begleitende wissenschaftliche Untersuchungen belegt werden (Diplomarbeiten Uni/ FH).
- Erhalt des einzigartigen Landschaftsbildes. Es kann in besonderer Weise der Erholungsnutzung dienen. Die Projektfläche soll attraktives Ziel für Exkursionen und naturkundliche Wanderungen sein.
- Wiederbelebung der Hutewaldnutzung als Beispiel für eine über Jahrhunderte weit verbreitete und landschaftsprägende Waldnutzungsform (Kulturhistorischer Aspekt). Die historische Waldnutzungsform kann hier in besonders geeigneter Form für die Bevölkerung erlebbar gemacht werden. Zur Erläuterung des Projekts dienen zwei Schautafeln.
Monitoring
Um die Auswirkung der Beweidung auf die Bodenvegetation dokumentieren zu können, wird durch die BSG auf 4 Probeflächen von jeweils 100 m² die Bodenvegetation jährlich aufgenommen. Zusätzlich erfolgt vor und nach jeder Beweidung eine Fotodokumentation.
Im Wintersemester 2006/07 wurden an der Fakultät Ressourcenmanagement der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen zwei Diplomarbeiten erstellt:
- „Der Hutewald im Bramwald als Lebensraum für Tiere“
- „Inventur und Planung eines alten Hutewaldes“
Fazit
- Die Machbarkeit der Beweidung des historischen Hutewaldes konnte gezeigt werden.
- Der kulturhistorische Aspekt der Waldweide konnte vielen Mitbürgern dargestellt werden.
- Das besondere Landschaftsbild eines lichtdurchfluteten alten Hutewaldes konnte bewahrt werden.
© 2010 Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen
Fotos: Jörg Behling