Der Arbeitskreis Wildbienen stellt sich vor
Gemeinsam mit der Biologischen Schutzgemeinschaft wurde Ende Oktober 2018 der Arbeitskreis Wildbienen ins Leben gerufen, der zugleich die erste Regionalgruppe des "Netzwerk Wildbienenschutz e. V." darstellt. Diese entomologische Vereinigung hat sich zum Ziel gesetzt, in Niedersachsen und darüber hinaus die Kenntnis der Anthophila zu fördern, praktische Maßnahmen zu ihrem Schutz zu entwickeln und umzusetzen und nicht zuletzt die Freund*innen der Wildbienen unter- und miteinander zu vernetzen. Darüber hinaus wollen die interessierten Bienenschützer*innen ihre Artenkenntnisse verbessern, weitere Mitstreiter*innen für den Schutz der Insekten gewinnen und selbst aktiv werden. Aktuell sind im AK rund 40 Interessierte aktiv. Diese befassen sich unter anderem beruflich mit dem Wildbienenschutz, beispielsweise als Wissenschaftler*innen der Agrarökologie & Biodiversität der Universität Göttingen oder als selbstständig tätige Biolog*innen, die bei der Durchführung von Monitoring- und Schutzprojekten mitwirken.
Der Arbeitskreis Wildbienen der BSG trifft sich etwa im Monatsrhythmus und ist für alle an der heimischen Bienenfauna Interessierten offen. Das Sommerhalbjahr haben wir genutzt, um auf zahlreichen Exkursionen wildlebende Bienenarten und ihre Lebensweise kennenzulernen. Von der Weidenblüte im Frühjahr bis zur Efeublüte im Herbst konnten wir so miterleben, wie abhängig Wildbienen vom Blütenangebot in der Landschaft und wie wichtig vor allem naturnahe Lebensräume als Nist- und Nahrungshabitate sind. In diesem Zusammenhang sei auch auf die vom AK Wildbienen verfasste kritische Stellungnahme zum Blühstreifenprojekt des Göttinger Landvolks verwiesen, denn nur weil es an ein paar Stellen in der Agrarlandschaft schön bunt blüht, ist die Wildbienenwelt noch lange nicht gerettet! Die Stellungnahme kann hier heruntergeladen werden. Wer echten Naturschutz zur Erhaltung der heimischen Wildbienen und anderer blütenbesuchender Insekten betreiben möchte, kann bei den regelmäßigen Pflegeeinsätzen der BSG tatkräftig mithelfen und dabei gleichzeitig die heimische Flora und Fauna noch besser kennenlernen.
Für die nähere Zukunft möchten wir eine Übersicht der im Landkreis Göttingen nachgewiesenen Wildbienenarten erstellen und diese durch weitere Exkursionen möglichst ergänzen. Angedacht sind auch die Erprobung und der Vergleich praktischer Hilfsmaßnahmen für Wildbienen im besiedelten Bereich.
Die Termine der offenen Treffen finden sich im Programm auf der BSG-Homepage.
Aktuelle Projekte
"Arbeitskreis" kommt von "arbeiten": In diesem Sinne wollen wir nicht nur reden, sondern auch handeln! Neben der alltäglichen AK-Arbeit haben wir vier thematische Schwerpunkte, bei deren Umsetzung wir sehr von unserer personellen Breite (Aktive aus wissenschaftlicher Forschung, langjähriger Naturschutzarbeit & interessierter Zivilgesellschaft) profitieren.
1. Öffentlichkeitsarbeit: Intervention in aktuelle Diskussionen
Wir machen Öffentlichkeitsarbeit, um über die Gefährdung der Wildbienenfauna und die naturschutzfachliche (Un-)Wirksamkeit von Insekten-Schutzmaßnahmen zu informieren. Nicht immer sind Maßnahmen tatsächlich geeignet, um spezialisierten Wildbienenarten zu helfen. Damit Geld nicht bei öffentlichkeitswirksamem Aktionismus "verbrannt" wird, klären wir auf.
2. Nur was man kennt, kann man schützen
Über die Verbreitung gerade vieler seltener und gefährdeter Arten ist bisher kaum etwas bekannt. Die Kenntnis ihrer Vorkommen ist aber Voraussetzung für ihren gezielten Schutz und Erhalt. Das langfristige Ziel des AK Wildbienen ist die Erstellung einer Gesamtartenliste und eines Verbreitungsatlas der Wildbienenfauna Göttingens.
Im Rahmen des von 2016-2019 laufenden Wildbienen-Projektes der BSG konnten dank der Förderung durch die BINGO-Umweltstiftung (30.000 €) vier Magerrasen- und Steinbruchkomplexe durch unser AK-Mitglied Thomas Fechtler untersucht und eine außergewöhnlich hohe Wildbienen-Diversität festgestellt werden. Die Ergebnisse befinden sich derzeit noch in der Auswertung und werden dann in die praktische Naturschutzarbeit einfließen (s. Schwerpunkt 4).
Aktuell werden von Bachelor-Student*innen der Fachrichtung Agrarökologie die im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung erhobenen Wildbienen-Daten aus den letzten ca. 20 Jahren ausgewertet und in Verbreitungskarten zusammengeführt. Diese Daten können Grundlage einer Gesamtartenliste und eines Verbreitungsatlasses werden. Weitere Abschlussarbeiten (Bachelor & Master) zu Wildbienen sind bereits in der Planung oder Durchführung.
Im Rahmen der AK-Exkursionen sollen ab nächstem Jahr ebenfalls Daten erhoben werden, um die bestehenden Kartierungen zu ergänzen und unseren Mitgliedern eine tiefere Einarbeitung in die nicht immer einfache Wildbienen-Bestimmung zu ermöglichen.
3. Umweltpädagogik: Nisthilfen & Blühflächen im Siedlungsbereich & öffentliche Exkursionen in Wildbienen-Lebensräume
Im urbanen Raum können mithilfe von Nisthilfen und wildbienen-geeigneten Blühflächen nicht nur eine Reihe von Arten gefördert werden, sie sind auch im Bereich der Umweltbildung eine wertvolle Hilfe. Im Alten Botanischen Garten wurde 2019 durch unser AK-Mitglied Thomas Fechtler eine neue Nisthilfe installiert, an der man effektive Mittel zur Ansiedlung von Wildbienen studieren kann. Viele im Internet kursierende Angebote oder Bauanleitungen für Nisthilfen sind hingegen ungeeignet. Sehr empfehlenswerte Hinweise findet man auf der Seite von Paul Westrich
Außerdem wurden neben der im Alten Botanischen Garten bereits existierenden großen Pflanzenvielfalt für Wildbienen geeignete Blühflächen angelegt. Diese befinden sich auf der Fläche des ehemaligen Victoria-Hauses.
Sowohl in den Alten Botanischen Garten als auch in wertvolle Wildbienen-Lebensräume in der freien Landschaft wurden 2019 im Rahmen der AK-Arbeit zahlreiche öffentliche Exkursionen angeboten. Dies ist auch für die Zukunft geplant.
4. Praktischer Naturschutz: Pflege von Kalkmagerrasen & Steinbrüchen
Im Rahmen der Biotoppflegeeinsätze der Biologischen Schutzgemeinschaft werden schon seit Jahrzehnten einige der wertvollsten Wildbienen-Lebensräume in der Region Göttingen gepflegt. Diese Einsätze unterstützen wir durch unsere Teilnahme aktiv. Wildbienen schützt man am effektivsten, indem man ihre natürlichen Vorkommen erhält, pflegt und ihre Lebensbedingungen dort verbessert.
Wiederfunde nach über 100 Jahren: Göttinger Fachleute entdecken verschollene Wildbienen und neue Arten für Niedersachsen
Verschollene Arten wiederentdeckt: Im Rahmen von Projekten der Biologischen Schutzgemeinschaft Göttingen e.V. und der Georg-August-Universität Göttingen wurden zahlreiche hochgradig gefährdete Wildbienen- und Wespen-Arten nachgewiesen. Darunter sind auch drei Wildbienen-Arten, die in Niedersachsen mehr als 100 Jahre als ausgestorben bzw. verschollen galten, und drei Arten, die erstmals für Niedersachsen nachgewiesen wurden. Untersucht wurden mehrere Flächen inner- und außerhalb von Schutzgebieten, darunter der „Sachsenstein“ im NSG Gipskarstlandschaft bei Bad Sachsa, das NSG „Steinberg“ bei Scharzfeld und der Alte und der Experimentelle Botanische Garten (ABG bzw. EBG) in Göttingen.
Die Forschungstätigkeiten sind Teil der systematischen Kartierung des Arbeitskreis Wildbienen der BSG in Südniedersachsen, welcher die Erforschung und den praktischen Schutz der regionalen Wildbienen-Vielfalt und anderer Stechimmen zum Ziel hat. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Fachzeitschrift „Ampulex“ veröffentlicht. Autoren des Artikels sind die Wildbienen-Experten Fionn Pape und Thomas Fechtler und der Stechimmen-Fachmann Prof. Dr. Christoph Bleidorn, Leiter der Abteilung Evolution & Biodiversität der Tiere. Nachzulesen sind die Veröffentlichungen in der neuesten Ausgabe von „Ampulex“. Mehr dazu können Sie in unserer Pressemitteilung lesen.
Südniedersachsen ist Biodiversitäts-Hotspot:
Göttinger Fachleute weisen Wildbienen-Arten erstmals nach
Im Rahmen von Projekten der Biologischen Schutzgemeinschaft Göttingen e.V. (BSG) und zwei universitären Abschlussarbeiten wurden zahlreiche hochgradig gefährdete Wildbienen-Arten nachgewiesen. Darunter sind auch mehrere Arten, die erstmals für Niedersachsen entdeckt wurden oder viele Jahrzehnte als ausgestorben bzw. verschollen galten. Untersucht wurden mehrere Flächen inner- und außerhalb von Schutzgebieten, darunter der „Sachsenstein“ im NSG Gipskarstlandschaft bei Bad Sachsa und die Kiesgrube „Ballertasche“ bei Hann. Münden. Mehr dazu können Sie in unserer Pressemitteilung lesen.
Die Forschungstätigkeiten sind Teil der systematischen Kartierung des Arbeitskreis Wildbienen der BSG in Südniedersachsen, der Erforschung und praktischen Schutz der regionalen Wildbienen-Vielfalt zum Ziel hat. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Fachzeitschrift „Ampulex“ veröffentlicht.
Download: Neu- und Wiederfunde von Wildbienenarten für Niedersachsen (Hymenoptera: Apiformes).
Download: Faunistische Untersuchung und naturschutzfachliche Relevanz der Wildbienenfauna (Hymenoptera: Apiformes) der Kiesgrube Ballertasche in Niedersachsen.
Wildbienen-Neufunde für Niedersachsen
Die ersten Ergebnisse unserer Wildbienen-Projekte wurden nun veröffentlich, und sie sind sehr bemerkenswert: 5 Arten werden erstmals für Niedersachsen berichtet, darüber hinaus wurden zahlreiche weitere sehr seltene & hochgradig bedrohte Arten in der Region Südniedersachsen entdeckt. Publiziert wurde der Artikel in der Fachzeitschrift "Ampulex" und kann hier nachgelesen werden.
Wildbienen brauchen die Pflanzenvielfalt
Rund ein Drittel der heimischen Wildbienen, die selber Nester anlegen, sind beim Pollensammeln auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Eine ganze Reihe von Wildbienenarten kann man auch im eigenen Garten sehr gut fördern, wenn man ihre Trachtpflanzen kultiviert. Hubertus Rölleke hat in Kooperation mit Christiane Schröter (beide AK Wildbienen) eine Liste mit spezialisierten Wildbienenarten und ihren Nahrungspflanzen zusammengestellt, die hier heruntergeladen werden kann.