Unsere Geschichte
Eine Libelle sprengt den Rahmen - das Logo steht als ein Symbol der Freiheit. In einer Zeit wie der unsrigen, bildet der Naturschutz eine Art letzte Bastion mitten in der globalen Weltverschwendung.
Die rahmensprengende Libelle ist aber nicht nur das abstrakte Logo der Biologischen Schutzgemeinschaft zu Göttingen e. V., sie symbolisiert auch die ganz konkrete Entstehungsgeschichte unserer Organisation.
So stand vor über vier Jahrzehnten eine Kiesgrube mit spektakulärem Arteninventar im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen (Lebensraum der in Niedersachsen vom Aussterben bedrohten Gelbbauchunke, weiterer gefährdeter Amphibien und vieler hochgradig bedrohter Libellenarten). Unter den üblicherweise zitierten "Sachzwängen" sollte dieses artenreiche Refugium, die so genannte "Ballertasche" an der Weser, begraben werden.
Und mit ihm auch die besonderen Spezialisten - Pflanzen und Tiere, die von den besonderen Bedingungen des Lebensraumes Kiesgrube profitieren und die keinerlei Ausweichmöglichkeiten haben. Die Lage schien aussichtslos, denn gegen die kleine Gruppe aktiver Naturschützer stand eine Übermacht unflexibler Interessenvertreter, allen voran die Klosterkammer Hannover. Selbst die Untere Naturschutzbehörde und auch eine Gruppe seniler Vogelschützer sabotierten das Ziel eines dauerhaften Schutzes der Kiesgrube.
Jede auch noch so stichhaltige Argumentation wurde vom Tisch gewischt, ob nun bei der Oberen Naturschutzbehörde oder schließlich bei der Obersten, dem Ministerium. Und die Planierraupen waren bereits mit behördlicher Genehmigung im Anmarsch.
Zu jener Zeit hatte der Umweltschutz, insbesondere dessen weltweite Organisationen, bereits zugkräftige Mittel erprobt: Schornsteinbesetzungen, Hafenblockaden und dergleichen. In genau diesem Licht rief dann die BSG zur konspirativen Krisensitzung - mit weitreichender Konsequenz:
Mobilisierung neun verschiedener, teils überregionaler Umwelt- und Naturschutzgruppen, Besetzung der Kiesgrube, Errichtung eines Zeltdorfs, Pressekonferenzen, Berichte in regionalen, dann in allen bundesweiten Tageszeitungen und im Rundfunk. Eine Woche lang Ausharren in Matsch und Regen. Aber die Bevölkerung des nahen Städtchens brachte täglich warmen Tee und Kuchen. Und die Kunde ungebrochener Solidarität zog in der Öffentlichkeit immer weitere Kreise...
Auf einmal war dann alles anders. Sachzwänge waren plötzlich keine mehr. Und wie von selbst wurde das Gebiet schließlich auch behördlich sichergestellt.
Die erste Kiesgrubenbesetzung "der Welt" war von Erfolg gekrönt, und eine ganz kleine Naturschutzgruppe war über Nacht in aller Munde. Fortan sollte auch unser Signet diese erste große Aktion würdigen: Es zeigt die Gebänderte Heidelibelle (Sympetrum pedemontanum), eine der charakteristischsten Arten dieses Refugiums, generell selten und stark gefährdet. Ein ungeahnter Zulauf stellte sich bei der BSG ein, und noch bis heute wird progressiver Naturschutz in Göttingen mit diesem Namen gleichgesetzt.
Vorausgegangen war damals die Abspaltung aus dem ehemaligen Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) gewesen.
Unzufrieden mit einem übermächtigen Landesverband, hatte die Göttinger Gruppe des DBV versucht, sich mit einer neuen Satzung von diesem abzunabeln. Doch einige Weggefährten sahen im Festhalten an alten Strukturen Vorteile und mobilisierten einen großen Teil von Karteileichen unter den Mitgliedern. So scheiterte die überfällige Palastrevolution an der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Der aktive Kern trat von seinen Ämtern zurück - und aus dem DBV aus und gründete im Dezember 1982 mit nahezu 50 Personen die Biologische Schutzgemeinschaft zu Göttingen e. V.
Die BSG ruhte sich auf den Lorbeeren nicht aus. Ein nächstes wichtiges Ziel war die Anerkennung gemäß §29 BNatSchG als bei Planungen anzuhörender Verband (über den Dachverband NVN, den Naturschutzverband Niedersachsen), was 1990 erreicht wurde.
Kurze Zeit später, als die erste nach dem neuen niedersächsischen Naturschutzrecht durchzuführende Verbandsklage anstand, war es wiederum die BSG, die hierfür in ihrer Stellungnahme die Argumentation entwarf. Diese wurde von betroffenen Naturschutzbehörden und prominenten Verbänden mit dem Ergebnis übernommen, dass das beklagte Projekt (die Verbauung des letzten unverbauten Bergbaches im Harz, der Sieber) fallengelassen werden musste, obwohl es die Unterstützung gewichtiger politischer Kreise, inklusive des damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder und seiner Landesregierung, hatte.
Der Großteil der Naturschutzarbeit ist natürlich nicht annähernd so spektakulär, sondern vielfach Routine. Regelmäßige Stellungnahmen zu Straßenbauvorhaben, Bauleitplanungen, Gewässerverbau, ... sind bis heute (und weiterhin!) unser Alltagsgeschäft.