Rundbriefe 2019
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Rundbrief 1/2019
Liebe Mitglieder und FreundInnen der BSG!
Für das Sommerhalbjahr haben wir wieder ein abwechslungsreiches und spannendes Programm zusammengestellt, wir wünschen uns rege Teilnahme. Der Rundbrief soll einen Einblick in unsere Arbeit bei den unterschiedlichen Projekten des Vereins geben.
Der AK Wildbienen summt & brummt!
Unser neugegründeter „Arbeitskreis Wildbienen“ geht in sein erstes Sommerhalbjahr. Bei den offenen Monatstreffen wurden Themen wie empfehlenswerte Literatur, Bau von (besiedelbaren!) Nisthilfen oder Möglichkeiten zur Verbesserung der Nahrungsbedingungen unserer wildlebenden Bienenarten behandelt als Vorbereitung auf eine hoffentlich blüten- und bienenreiche Freilandsaison!
Ab April soll es im Monatsrhythmus weitergehen mit offenen Treffen und Exkursionen, bei denen die Vielfalt der heimischen Wildbienen weiterhin im Mittelpunkt der Arbeitskreis-Aktivitäten stehen wird, nämlich Nahrungspflanzen, Nistplätze und faszinierende Verhaltensweisen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen teilzunehmen und sich einzubringen. Näheres dazu auf der BSG-Homepage Arbeitskreis Wildbienen oder über eine E-mail.
Pflegeeinsätze
2018 war ein Rekordjahr für unseren Arbeitskreis „Naturschutz praktisch“ - 2019 knüpft nahtlos an. Insbesondere junge Studierende der Fachrichtung Biodiversität sind immer wieder zahlreich vertreten und sorgen durch ihre tatkräftige Mithilfe dafür, dass sich die Pflegeflächen der BSG mittlerweile in einem so guten naturschutzfachlichen Zustand befinden wie seit vielen Jahren nicht mehr. Um die Früchte unserer Arbeit zu bewundern, werden wir am 27. Juli 2019 zum ersten Mal einen Arbeitseinsatz mit einer Exkursion kombinieren, Ziel sind die Steinbergwiesen im Kaufunger Wald. Mit unserer neuen, wundervoll leise laufenden und emissionsfreien Akku-Motorsense war zum ersten Mal seit längerer Zeit auch wieder eine Neuanschaffung möglich, weitere Investitionen sind geplant. So kann es weitergehen!
Rebhuhn
Die seit 2006 von Eckhard Gottschalk organisierte große Rebhuhnzählung umfasst die Hälfte des Rebhuhnbestandes des Altkreises Göttingen und zeigt, dass wir großräumig einen einigermaßen stabilen Bestand haben. Auf lokaler Ebene kommt es aber zu weitgehend asynchron verlaufenden heftigen Schwankungen. Einzig in den schneereichen Wintern 09/10 und 10/11 ging das Rebhuhn fast überall im Landkreis zurück um sich danach wieder zu erholen. Es scheinen also in den meisten Jahren lokale Faktoren die Populationsdynamik zu bestimmen. Wir haben bislang nur anekdotische Hinweise, dass lokal agierende Prädator-Individuen dieses Auf und Ab bedingen. Ein Habicht etwa attackierte bei der Kartierung in der Dämmerung den Lautsprecher oder ein Fuchs vergrub mehrfach an der gleichen Stelle besenderte Rebhühner. In der Feldmark Geismar/Diemarden beispielsweise schwankt der Bestand zwischen weniger als 10 und ca. 70 rufenden Hähnen. Diese asynchrone Populationsdynamik ist ein wichtiges Argument für einen großräumigen Ansatz im Rebhuhnschutz, nur so lässt sich ein stabiler Bestand erzielen. In der Gemarkung Geismar/Diemarden und Nesselröden sind Flächen mit Maßnahmen für das Rebhuhn in hoher Dichte von den Landwirten durchgeführt worden. Andere Feldvögel haben sie zahlreich aufgesucht, Schwärme von 600 Stieglitzen oder 150 Goldammern wurden in Blühflächen beobachtet. Eine Dissertation zur Feldlerche an der Abteilung Naturschutzbiologie der Uni zeigt, dass Blühflächen ein bevorzugter Habitatbestandteil zur Nahrungssuche sind.
Ackerwildkräuter
Für den Schutz der reichhaltigen Ackerwildkrautflora im Raum Göttingen werden aktuell über 50 Hektar (ca. 30 Flächen) im Landkreis Göttingen extensiv bewirtschaftet, koordiniert vom Landschaftspflegeverband mit Unterstützung der unteren Naturschutzbehörde (vielen Dank an dieser Stelle!). Das wichtige Monitoring der Flächen und der umgesetzten Maßnahmen lag seit 2016 aber weitestgehend brach, im Jahr 2019 wird sich das ändern: Im Rahmen seiner Masterarbeit untersucht unser Mitglied Fionn Pape sämtliche im Ackerrandstreifenprogramm befindlichen Flächen und erhebt die Bestände der knapp 50 vorkommenden gefährdeten Ackerwildkrautarten. Ziel ist es, Argumente für das Fortbestehen des Schutzprogrammes zu sammeln und den Verbleib der Schutzflächen im Programm zu sichern. Mangelnde Kontinuität ist eines der größten Probleme des Ackerwildkrautschutzes, auch die seit Mitte der 80er Jahre existierenden Landesprogramme wurden durch einschneidende Mittelkürzungen immer wieder de facto torpediert. Folge ist, dass sich die Bestandssituation der Segetalflora bundesweit massiv verschlechtert hat und viele Arten in der 2018 veröffentlichten Roten Liste hochgestuft werden mussten. In der Folge sind die am stärksten bedrohten Gefäßpflanzenarten im Landkreis Göttingen mittlerweile fast ausnahmslos Ackerwildkräuter. Ihre letzten Bestände müssen unbedingt erhalten werden, denn auch der Rückgang der Insekten ist in letzter Konsequenz auf den Verlust der blütenreichen Agrarlandschaft zurückzuführen.
"Reinhard" fliegt, Rotmilantelemetrie
Im Zuge des Gerichtsverfahrens gegen den Bau eines Windparks im sog. "Rittmarshäuser Loch", einer Lücke im Vogelschutzgebiet "V19 Unteres Eichsfeld", hatte sich eine lokale Initiative in Rittmarshausen stark engagiert. Diese Lücke im Vogelschutzgebiet wurde vom Gericht für rechtswidrig erklärt, das Windparkprojekt dementsprechend abgelehnt. Die eingesammelten Spendengelder zur Finanzierung des Verfahrens wurden zurückgezahlt. Bei einer Besprechung vor Ort erklärten sich dann die allermeisten Spender bereit, auf die Rückzahlungen des Geldes zu verzichten und diese stattdessen für eine Naturschutzmaßnahme vor Ort einzusetzen. Man einigte sich darauf, mit dem Geld einen Sender zu beschaffen für einen Rotmilan - dieser ist ja das Symbol des Vogelschutzgebietes V19. Die Organisation und Durchführung hat die BSG zusammen mit Dr. E. Gottschalk übernommen.
Am 23.5.2018 fand das Einfangen und Besendern statt, allerdings kooperierten die Rotmilane im Umfeld von Rittmarshausen nicht und ließen sich nicht einfangen. Stattdessen konnte erstmals im nahegelegenen Eichsfeld ein Rotmilanpaar besendert werden mit eben dem gespendeten Sender und einem weiteren aus eigenen Mitteln. Der männliche Rotmilan wurde dann zur Erinnerung an Reinhard Urner, dem der Erfolg im Verfahren um das "Rittmarshäuser Loch" wesentlich zu verdanken ist, auf seinen Namen getauft. Inzwischen liegen auch die ersten Ausleseergebnisse von "Reinhard" vor: sein Revier liegt in Seulingen und Umgebung, ist rund 950 ha groß und hat eine Ausdehnung von 3,4 km x 2,8 km. Am 3. März 2019 überflog "Reinhard" auf dem Rückzug vom Winterquartier bei Salamanca die deutsche Grenze um es sich dann plötzlich anders zu überlegen. Er bog ab nach Nord-West und durchquerte Luxemburg, Belgien und die Niederlande. In Ostfriesland erreichte er den Jadebusen. Dort drehte er um und flog eine große Runde über das Rheinland bis in die Ardennen. Am 16.3. fiel dann die Entscheidung (oder er gewann die Orientierung zurück): nach Hause! Zwei Tage später war er dann im alten Revier. Ungewöhnlich spät! Normalerweise ist der Rückflug sehr direkt. War das Absicht? Möglicherweise haben ihn auch die Stürme Anfang März aus dem Konzept gebracht.
Mit freundlichen Grüßen für den Vorstand
Waltraud Gradmann
Rundbrief 2/2019
Liebe Mitglieder und FreundInnen der BSG!
Das Sommerhalbjahr liegt nun hinter uns und das neue Programm ist zusammengestellt. Wir freuen uns über die vergangene und zukünftige rege Teilnahme und Mitarbeit. Neben den laufenden Aufgaben können wir von einigen Erfolgen berichten, das Beste gleich zu Anfang.
Rebhuhn / Klage
Großer Erfolg in unserer wichtigsten Auseinandersetzung: Die BSG hat die Klage wegen Aberkennung ihres Rebhuhnschutzprojektes gegen die Landesnaturschutzbehörde NLWKN vor dem Verwaltungsgericht Göttingen gewonnen!! Juchhuh!!! J
In der sehr spannenden, vierstündigen mündlichen Verhandlung unter der Leitung der Präsidentin des Gerichts wurde der Widerruf unseres Projekts am 21.08. als rechtswidrig erkannt und zudem eine Berufung gegen das Urteil nicht zugelassen. Die Landesbehörde wurde dazu verurteilt, die bereits geprüften Mittelabrufe an uns auszuzahlen, zwei weitere Geldabrufe von uns endlich zu bearbeiten und uns auch diese Projektmittel dann zu ersetzen.
Die BSG wurde in der Urteilsbegründung vollständig von den ungerechtfertigten Vorwürfen entlastet, sie hätte eine Vorteilsnahme durch die Stellenbesetzungen des Projekts mit eigenem Personal begangen!
Damit sollte der über 2-jährige Kampf um unser größtes Projekt hoffentlich bald zu einem guten Ende kommen, in dem wir zumindest die ausgelegten Projektgelder vollständig zurückerhalten. Leider hat die Landesbehörde noch die Möglichkeit, beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde einzulegen, und wir versuchen momentan auf politischer Ebene sowie durch Kontakte zum Umweltministerium alles, um diesen Einspruch zu verhindern. Ärgerlich ist bei der ganzen Sache, dass wir aus formalen Gründen trotz unseres Sieges einen größeren Teil der Anwalts- und Gerichtskosten zahlen müssen. Vielen Dank noch einmal an alle, die uns in dieser schwierigen Zeit moralisch und/oder durch Spenden unterstützt haben!!
Besonderer Dank gilt den damaligen Kofinanzierern des Rebhuhnschutzprojekts, der privaten Hanseatischen Natur und Umwelt Initiative sowie der öffentlichen Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung, die auch nach dem Widerruf der Förderung durch den NLWKN ausdrücklich zu uns hielten, ihre Mittel nicht zurückzogen und dadurch das finanzielle Überleben des Vereins sicherten.
Das Rebhuhnprojekt der BSG wurde auf kleiner Flamme ehrenamtlich weiter betrieben und inzwischen durch ein neues Projekt der Uni Göttingen ergänzt. Zurzeit verhandeln wir mit dem Umweltministerium darüber, ob eine Landesförderung wieder möglich ist.
Der AK Wildbienen „on the wing“
Der Ende 2018 gegründeten Arbeitskreis Wildbienen der BSG trifft sich etwa im Monatsrhythmus und ist für alle an der heimischen Bienenfauna Interessierten offen. Das Sommerhalbjahr haben wir genutzt, um auf zahlreichen Exkursionen wildlebende Bienenarten und ihre Lebensweise kennenzulernen. Von der Weidenblüte im Frühjahr bis zur Efeublüte im Herbst konnten wir so miterleben, wie abhängig Wildbienen vom Blütenangebot in der Landschaft und wie wichtig vor allem naturnahe Lebensräume als Nist- und Nahrungshabitate sind.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die vom AK Wildbienen verfasste kritische Stellungnahme zum Blühstreifenprojekt des Landvolks verwiesen, denn nur weil es an ein paar Stellen in der Agrarlandschaft schön bunt blüht, ist die Wildbienenwelt noch lange nicht gerettet! Die Stellungnahme kann weiterhin von der BSG-Homepage heruntergeladen werden. Wer echten Naturschutz zur Erhaltung der heimischen Wildbienen und anderer blütenbesuchender Insekten betreiben möchte, kann bei den regelmäßigen Pflegeeinsätzen der BSG tatkräftig mithelfen und dabei gleichzeitig die heimische Flora und Fauna noch besser kennenlernen.
Für die nähere Zukunft möchten wir eine Übersicht der im Landkreis Göttingen nachgewiesenen Wildbienenarten erstellen und diese durch weitere Exkursionen möglichst ergänzen. Angedacht sind auch die Erprobung und der Vergleich praktischer Hilfsmaßnahmen für Wildbienen im besiedelten Bereich. Die Termine der offenen Treffen finden sich im Programm und auf der neu gestalteten BSG-Homepage.
AK Biotoppflege / Naturschutz praktisch
Auch bei unseren Pflegeeinsätzen gehen Natur- & Klimaschutz zukünftig noch stärker Hand in Hand: Nachdem wir uns vor einem halben Jahr dank großzügiger Spende unsere erste Akkusense zugelegt haben und damit überaus zufrieden sind, haben wir nachgerüstet und verfügen jetzt über eine weitere Akkusense sowie professionelle Astscheren und einen neuen Heurechen. Zukünftig können also viele unserer Pflegeeinsätze geräusch- und emissionsarm durchgeführt werden.
Auch steht zu den meisten Einsätzen nun ein 9-Sitzer vom Stadtteilauto zur Verfügung. Man kann sich über einen Mail-Verteiler auch online anmelden und uns so in unserer Planung unterstützen. Wenn Sie auch gerne in dem Mail-Verteiler aufgenommen werden möchten, können Sie sich per E-mail anmelden. Natürlich kann man auch weiterhin spontan samstags um 9 Uhr vor dem BSG-Büro in der Geiststraße 2 erscheinen oder sich direkt zur Pflegefläche begeben.
Beweidungsprojekt
Im fünften Jahr konnten wir eine weitere Fläche hinzugewinnen. In diesem Jahr wird erstmals ein ehemaliger Steinbruch am Hengstberg bei Sattenhausen beweidet. Die im Wald gelegene und zu den Niedersächsischen Landesforsten gehörende etwa 2000 m² große wertvolle Fläche gilt als Pilotprojekt. Bei zufriedenstellenden Ergebnissen ist es denkbar in Zukunft weitere schutzwürdige Flächen im Reinhäuser Wald zu beweiden.
Im diesjährigen Winterhalbjahr nehmen wir gleich zwei neue Flächen im Arbeitskreis „Naturschutz praktisch“ auf. Dabei handelt es sich um die Flächen Bärenberg und Feldbornberg bei Nikolausberg, die auch schon durch das Beweidungsprojekt gepflegt werden. Hier wollen wir in den nächsten Jahren die Flächen für die Beweidungsmaßnahmen stetig vergrößern.
Wir wünschen Ihnen und euch viel Spaß beim Studieren unseres neuen Halbjahresprogramms, Neues und Unbekanntes lockt zum Mitmachen. Wir freuen uns auf rege Teilnahme.
Herzlich grüßt für den gesamten Vorstand
Waltraud Gradmann